Sport-/Kulturverein

 

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NACHRUF

 

Im Gedenken an

 

OStR Prof. Dr. Walter Reidinger

 

*10.04.1925   † 25.08.2021

 

 

 
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Wien, 19.9.2021

„Professor Dr. Gualterus Reidinger olim magister meus linguae Latinae erat.“[1] So bin ich im Andenken an unseren ehemaligen Lateinprofessor OStR Prof. Dr. Walter Reidinger versucht, meine verrosteten Lateinkenntnisse zu reaktivieren. „Patria nostra olim provincia Romana erat.“ Das war der erste Satz aus dem von Prof. Reidinger mitverfassten Latein-Lehrbuch „Austria Romana“, der sich mir unauslöschlich ins Gedächtnis geprägt hat, seit ich ihn im Schuljahr 1975/76 als Schüler der 3c-Klasse des BG III Kundmanngasse erstmals gelesen habe.

So bleibenden Eindruck wie dieser Satz aus seinem Lehrbuch hat auch Prof. Reidinger als Lehrer bei mir und – durch telefonische Blitzumfrage bestätigt[2] – meinen ehemaligen KlassenkollegInnen hinterlassen. Schon seine Erscheinung war eindrucksvoll: groß gewachsen, stets elegant gekleidet, Goldrandbrille mit dicken Gläsern, die ihm unter Schülern den Spitznamen „Panzerglas“ eintrug, eilte er mit langen Schritten, die den früheren Leichtathleten und Hürdenläufer erkennen ließen, durch die großzügig um das zentrale Stiegenhaus angelegten Gänge des Schulgebäudes und war schon von weitem zu hören, wenn seine prägnante Stimme den einen oder anderen Schüler (manchmal wohl auch eine Schülerin) während der Pause am Flur zur Ordnung rief.

Eindrucksvoll war aber nicht nur seine Erscheinung, eindrucksvoll war auch sein Unterricht. Als Professor für Latein und Geschichte von seinem Fach merklich begeistert und über den Schulbereich hinaus als Lektor an der Universität Wien und Schulbuchautor tätig, weckte er mit seinem engagierten, präzisen und klar strukturierten Unterricht bei mir und vielen meiner KlassenkameradInnen schnell die Begeisterung für die alte Sprache. Das Latein-Vokabelheft wurde mir quasi zum Brevier, das mich - nicht nur vor Schularbeiten - in der Früh in den Tag und am Abend zu Bett begleitete. Die von Prof. Reidinger vermittelte Klarheit der lateinischen Grammatik gefiel mir und schulte grundlegend analytisches Denken und Sprachgewandtheit. Nach zwei Jahren Unterricht bei Prof. Reidinger war ich am Höhepunkt meiner Lateinkenntnisse und der Wechsel in die Oberstufe brachte auch einen Lehrerwechsel in diesem Fach mit sich. Zu einem Wiedersehen mit Prof. Reidinger kam es dann kurz vor der Matura im Sommer 1981, als er für unseren krankheitsbedingt verhinderten Klassenvorstand Prof. Frühwirth einsprang. Bei der Matura wurde Prof. Reidinger seinem Ruf als gestrenger Lehrer für mich unmittelbar erfahrbar gerecht: das Gut im Fach Latein brachte Abwechslung in das ansonsten eintönige Maturazeugnis.

Das tat aber meiner Wertschätzung für den Menschen und Lehrer Prof. Reidinger keinen Abbruch. Ein neuer Anknüpfungspunkt für eine Wiederbegegnung ergab sich, als ich als Student der Rechtswissenschaften an der Universität Wien auf Prof. Reidingers Sohn, Dr. Alexander Reidinger, als Professor für Zivilrecht stieß. Wie sein Vater mir die Freude an Latein vermittelte, so vermittelte mir Dr. Alexander Reidinger in bester Familientradition die Freude am Zivilrecht. Es war mir daher eine Selbstverständlichkeit, beide zu meiner Sponsion einzuladen und eine Ehre, den hochgeschätzten Professor bei diesem Anlass wiederzusehen.

Als engagierter Lehrer mit seinen Schülern auch über die aktive Schulzeit hinaus verbunden, ließ es sich Professor Reidinger kaum jemals entgehen, Einladungen zu Maturatreffen zu folgen. So sahen wir einander regelmäßig alle fünf Jahre beim Wiedersehen der ehemaligen 8a des Maturajahrganges 1981. Das Panzerglas der Brille war inzwischen einem dünneren Glas gewichen und nach dem Tod seiner Frau hatte Prof. Reidinger die Liebe zur Leichtathletik wieder entdeckt. Als mehrfacher Senioren-Welt- und ältester Staatsmeister im 10-Kampf machte er Schlagzeilen und mit Begeisterung erzählte er von seinen sportlichen Erfolgen. Noch im Juni dieses Jahres nahm er sommerlich-elegant gekleidet und mit einer sein hohes Alter leugnenden Frische am 40-jährigen Maturajubiläum unserer Klasse teil. Umso überraschender kam daher für mich das E-mail unserer Maturakollegin Mag. Susanne Kopinitsch-Berger, die als Professorin dem BG III treu geblieben ist, mit der Todesnachricht. Leider sollte also unser Maturakollege Mag. Michael Kortus schneller als wir dachten Recht haben, als er nach dem Abschied von Prof. Reidinger am 18.6. meinte: „Wir werden ihn wohl zum letzten Mal gesehen haben.“ Aber vergessen werden wir unseren verehrten Lehrer nicht!

 

Robert Schneider

 

 

[Der Verfasser des Nachrufs, MMag. Dr. Robert Schneider, war in den Jahren 1973 bis 1981 Schüler des „Landstraßer Gymnasiums“ in der Kundmanngasse]

 

[1] Dank für das Korrekturlesen dieses Satzes gebührt Mag. Erika Weithofer-Forstreiter.

[2] Das Sample umfasste ausschließlich Mag. Stephan Danczul und war damit durchaus repräsentativ!

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